| Seit 1.1.2019 sind Arbeitgeberleistungen für bestimmte Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr sowie für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr steuerfrei. Die gesetzliche Neuerung hat aber Fragen aufgeworfen, sodass sich das Bundesfinanzministerium nun in einem 15 Seiten starken Schreiben zu dem Umfang der Steuerbefreiung geäußert hat. Wichtige Punkte werden vorgestellt. |
Begünstigte Leistungen des Arbeitgebers
Unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 15 Einkommensteuergesetz (EStG) fallen Arbeitgeberleistungen in Form von unentgeltlichen oder verbilligt überlassenen Fahrberechtigungen (Sachbezüge) sowie Zuschüsse (Barlohn) des Arbeitgebers zu den von den Arbeitnehmern selbst erworbenen Fahrberechtigungen. Begünstigt sind insbesondere:
- Fahrberechtigungen in Form von Einzel-/Mehrfahrtenfahrscheinen,
- Zeitkarten (z. B. Monats-, Jahrestickets, Bahncard 100),
- allgemeine Freifahrberechtigungen,
- Freifahrberechtigungen für bestimmte Tage (z. B. bei Smogalarm),
- Ermäßigungskarten (z. B. Bahncard 25).
Umfasst die Fahrberechtigung die Mitnahme von anderen Personen oder ist die Fahrberechtigung auf andere Personen übertragbar, schließt dies die Steuerbefreiung nicht von vornherein aus.
MERKE | Die Steuerfreiheit gilt nur für Arbeitgeberleistungen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Eine mittels Gehaltsumwandlung erbrachte Leistung fällt somit nicht unter die Steuerbefreiung.
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Beim Umfang der Steuerbefreiung ist zwischen den Fahrten des Arbeitnehmers im Personenfernverkehr und –nahverkehr zu unterscheiden.
Fahrten im Personenfernverkehr
Zu den begünstigten öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr („Personenfernverkehr“) gehören:
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- Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC), Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen und mit festgelegten Haltepunkten,
- vergleichbare Hochgeschwindigkeitszüge und schnellfahrende Fernzüge anderer Anbieter (z. B. TGV, Thalys).
Arbeitgeberleistungen, die zur Nutzung des Personenfernverkehrs berechtigen, sind steuerfrei, soweit sie auf Fahrten
- zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte,
- zu einem Sammelpunkt oder
- einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet entfallen (im Folgenden vereinfacht bzw. zusammenfassend als Strecke Wohnung/Tätigkeitsstätte bezeichnet).
Privatfahrten im Personenfernverkehr sind hingegen nicht begünstigt.
Beachten Sie | Gilt die Fahrkarte nur für die Strecke Wohnung/Tätigkeitsstätte, ist die tatsächliche Nutzung der Fahrberechtigung auch zu privaten Fahrten (z. B. am Wochenende) dann aber unbeachtlich.
Geht die Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr über die Strecke Wohnung/Tätigkeitsstätte hinaus, ist als Wert der Arbeitgeberleistung der reguläre Verkaufspreis einer Fahrberechtigung für die Strecke Wohnung/Tätigkeitsstätte anzusetzen.
MERKE | Die Steuerfreiheit für Fahrten im Personenfernverkehr kommt nur in Betracht für Arbeitnehmer in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis sowie für die beim Entleiher beschäftigten Leiharbeitnehmer.
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Fahrten im Personennahverkehr
Zum öffentlichen Personennahverkehr gehört die allgemein zugängliche Beförderung von Personen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt ist, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Als öffentlicher Personennahverkehr gelten alle öffentlichen Verkehrsmittel, die nicht Personenfernverkehr sind.
Generell nicht von § 3 Nr. 15 EStG erfasst werden insbesondere:
- für konkrete Anlässe speziell gemietete bzw. gecharterte Busse oder Bahnen,
- Taxen im Gelegenheitsverkehr, die nicht auf konzessionierten Linien oder Routen fahren,
- Luftverkehr.
Aber: Soweit Taxen ausnahmsweise im Linienverkehr nach Maßgabe der genehmigten Nahverkehrspläne eingesetzt werden (z. B. zur Verdichtung, Ergänzung oder zum Ersatz anderer öffentlicher Verkehrsmittel) und von der Fahrberechtigung mitumfasst sind oder gegen einen geringen Aufpreis genutzt werden dürfen, gehören sie zum begünstigten Personennahverkehr.
MERKE | Die Steuerbefreiung für Fahrten im Personennahverkehr gilt für alle Arbeitnehmer oder Leiharbeitnehmer. Denn die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ist unabhängig von der Art der Fahrten begünstigt, also auch bei Privatfahrten des Arbeitnehmers.
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Prognoserechnung
Nutzt der Arbeitnehmer die Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr auch für Dienstreisen oder die wöchentliche Familienheimfahrt bei einer doppelten Haushaltsführung, kann die Kostenerstattung nach Dienstreisegrundsätzen bzw. den Grundsätzen für eine doppelte Haushaltsführung steuerfrei bleiben.
Beachten Sie | Diese Steuerbefreiung hat Vorrang vor § 3 Nr. 15 EStG. In diesem Fall kann der Arbeitgeber durch eine Prognoseberechnung prüfen, ob die Fahrberechtigung bereits bei Hingabe insgesamt steuerfrei belassen werden kann.
Beispiel Vollamortisation
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Ein Arbeitgeber (AG) überlässt seinem Arbeitnehmer (AN) eine Bahncard 100, die er für 4.400 EUR erworben hat. Nach der Prognose des AG betragen die ersparten Kosten der Einzelfahrscheine für Dienstreisen im Gültigkeitszeitraum 3.000 EUR. Der reguläre Preis der Jahresfahrkarte für die Strecke Wohnung/Tätigkeitsstätte hätte 1.600 EUR betragen. Tatsächlich ergeben sich für Dienstreisen des AN aus unvorhersehbaren Gründen nur ersparte Kosten der Einzelfahrscheine von 2.500 EUR.
Nach der Prognose übersteigen die ersparten Kosten für die Einzelfahrscheine zusammen mit dem regulären Verkaufspreis einer Fahrberechtigung für die Strecke Wohnung/Tätigkeitsstätte die Kosten der Bahncard. Diese ist daher in Höhe von 3.000 EUR steuerfreier Reisekostenersatz. Der verbleibende Betrag (1.400 EUR) ist eine steuerfreie Arbeitgeberleistung nach § 3 Nr. 15 EStG. Auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung sowie die private Nutzungsmöglichkeit kommt es nicht an. Dass die prognostizierte Vollamortisation tatsächlich nicht eingetreten ist, ist unerheblich.
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Beispiel Teilamortisation
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Wie das Beispiel Vollamortisation mit dem Unterschied, dass die ersparten Kosten der Einzelfahrscheine für Dienstreisen nach der Prognose 2.500 EUR betragen. Tatsächlich ergeben sich ersparte Kosten von 4.000 EUR.
Die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine erreichen auch zusammen mit dem regulären Verkaufspreis einer Fahrberechtigung für die Strecke Wohnung/Tätigkeitsstätte nicht die Kosten der Bahncard (prognostizierte Teilamortisation). Die Bahncard kann daher zunächst nur insoweit steuerfrei belassen werden, als die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 15 EStG vorliegen (1.600 EUR).
AG kann den Arbeitslohn in Höhe der durch die tatsächliche Nutzung der Bahncard für Dienstreisen ersparten Kosten der Einzelfahrscheine monatsweise oder auch am Ende des Gültigkeitszeitraums mindern (mittels Verrechnung mit dem dann feststehenden Reisekostenerstattungsanspruch). Danach ergibt sich noch eine steuerfreie Reisekostenerstattung von 2.800 EUR, neben den bereits steuerfrei belassenen Leistungen nach § 3 Nr. 15 EStG.
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MERKE | Führt der Arbeitgeber keine Amortisationsprognose durch, stellt die Überlassung der Fahrberechtigung zunächst in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Erst am Jahresende darf dann eine Korrektur erfolgen.
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Entfernungspauschale und Aufzeichnungspflichten
Die nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Arbeitgeberleistungen mindern die bei der Einkommensteuerveranlagung abziehbare Entfernungspauschale (maximal bis auf 0 EUR). Auch hierzu regelt die Finanzverwaltung mehrere Details.
Beachten Sie | Der Gesetzgeber will mit dem Jahressteuergesetz 2019 nachbessern: Künftig soll die Ausgabe eines Jobtickets mit 25 % durch den Arbeitgeber pauschal versteuert werden können. Dafür soll die Anrechnung auf die Entfernungspauschale entfallen.
Der Arbeitgeber muss die steuerfreien Arbeitgeberleistungen im Lohnkonto aufzeichnen und in der Lohnsteuerbescheinigung bescheinigen.
Quelle | BMF-Schreiben vom 15.8.2019, Az. IV C 5 – S 2342/19/10007 :001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 210780